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Der Tourist findet das „Was“ und „Wo“.
Der Reisende das „Wie“ und „Warum“.
Vom flanieren durch Marrakesch…
Diese Welt da draussen ist nicht auf dich angewiesen. War sie nie, wird sie nie sein. Kontrolle und Bedeutung sind Illusionen. Nicht mehr als ein Nachklang von Eisen, welches auf Eisen trifft. Kurz, schrill, harsch und flüchtig.
Das Hupkonzert verstummt nicht, nur weil ein Auto mit einem Motorrad kollidiert ist. Das Gewirr an Stimmen nimmt weder ab, noch zu. Vielleicht sind zwei Stimmen dazugekommen, vielleicht nicht. Vielleicht streiten sie, vielleicht nicht.
Es gibt in Marrakech nur zwei Regeln für Verkehrsteilnehmer. Und jeder hier nimmt Teil. Ob zu Fuß, zu Pferd, auf dem Karren, der Kutsche, dem Mofa, dem Motorrad, dem Auto, dem Lastwagen. Wir alle teilen uns die selben Wege und ignorieren die selben Schilder.
Es gibt nur zwei Regeln:
Sieh niemals zurück.
Bleib niemals stehen.
Der kleine Junge ist stehen geblieben. Es schreit und weint bitterlich. In seiner Hand eine zerrissene Plastiktüte unter der ein pulvriger Haufen von reinstem Weiß liegt. Nichts hier im nordwestlichen Teil der Medina ist so weiß. Die Straßen hier sind alt, verschlugen und nicht selten schmutzig.
Die Zugtiere und Maschinen sind gebrechlich und die Menschen tragen abgewetzte Gewänder oder Trikots von Sportlern, an die man sich nicht mehr erinnert oder Imitationen kurzzeitlich trendiger Brands deren Symbolik oder Namen bewusst oder unbewusst verstümmelt wurden. Also kein tausendundeine Nacht, keine fliegenden Teppiche, keine Romantik, kein orientalisches Flair.
Keine Touristen. Zuviel Realität für Touristen.
Vielleicht gibt es in der ganzen Stadt, der „roten Stadt“, der „göttlichen Stadt“, der Stadt, die dem Land seinen Namen gegeben hat kein so reines Weiß, wie das des Mehls, dessen Verlust der kleine Junge so herzzerreißend beweint.
Wie sind wir hierher gekommen? In diese dieses Labyrinth von Gassen voll wimmelnder Bewegung?
Verantwortlich sind ein verstorbener Modeschöpfer, dessen 10. Todestag in weniger als zwei Wochen betrauert werden wird und ein, möglicherweise nicht existenter Cousin aus Hannover.
Fasziniert und inspiriert von der Farbenpracht und der Kultur erwarb Yves Henri Donat Mathieu-Saint-Laurent 1980 ein Haus nebst Garten an der Straße, die Heute seinen Namen trägt und in der das, seinem Lebenswerk gewidmete Museum zu finden ist.
Angelockt vom verflossenen Geist eines Visionärs, dem möglicherweise immer noch spürbaren Flair des Jetsets strömen die Massen herbei. Verschwenden nur wenig Zeit zwischen der imposanten Flora des prächtigen Parks und eilen zu der Wand mit den drei ineinander verschlungenen Buchstaben “YSL”, um ein improvisiertes shooting oder wenigstens ein Selfie zu machen. Nur zu gerne nutzen die das philanthropische Streben eines hart arbeitenden Ästheten als stilvollen Hintergrund um lasziv verstört in die Linse zu schmachten. Die Millenials, Blogger und Instagram-Models… die Influenza unter den Digital Natives.
Es sind Viele. Es sind zu Viele, die da aufgereiht in einer nicht enden wollenden Schlange warten. Und die Sonne brennt herab. Vergiss die gerade mal 25 Grad im Schatten. Denn Schatten gibt es keinen. Die Nähe zum Äquator bedingt senkrechte Einstrahlung.
Dankend ablehnen und später wiederkehren erscheint ein guter Plan. Südöstlich von hier liegt das Zentrum, die Medina und wie schwierig kann es sein, in einer gerade mal 19km langen Stadtmauer einen Durchgang zu finden?
In seinem grau-bunten Pulli, der ausgewaschenen Jeans, den spröde gewordenen Ledersandalen und der blass roten Plastiktüte am Lenker seines Fahrrads wirkt dieser Mann in den sehr späten Fünfzigern gleichermaßen vertrauenswürdig wie authentisch. Sein Englisch ist rudimentär aber flüssig. Er kommt von der Arbeit und ist auf dem Weg nach Hause zu seiner Familie. Er mag deutschen Fußball, kennt einige der Spieler, hat einen Cousin in Hannover und will uns gerne zur Medina begleiten.
In diesem Moment war ich mir nicht mal sicher, ob ich ihn darum gebeten habe. Habe ich “okay, thank you” gesagt?
Oder habe ich es gedacht?
Wir betreten die Medina durch die Hintertür, welche naturgemäß in den „Hinterhof“ führt.
Wir erfahren, dass die Löcher in der Mauer, die, in denen die Schwalben nisten, mit Nichten einen militärischen Zweck hatten. Sie dienten dem anbringen von Balken, um eine Art Leiter zu improvisieren.
Wir erfahren, dass der untere der beschlagenen Türklopfer an den alten Pforten für die Frauen, der obere und größere für die Männer ist.
Wir erfahren über die Berber Konspirative, welche alle zwei Wochen aus dem Atlas Gebirge in die Stadt kommt um mit dem Erlös ihrer Teppiche den Armen zu helfen. Jene die sich an der Moschee in das spärliche Bisschen Schatten drängen. Die Blinden, die Taubstummen, die Lahmen.
Wir schleichen durch gewölbeartige Gänge und immer enger werdende Gassen.
Ich habe gelesen, es wäre ein „Must Do“, sich in der Medina zu verirren. Ein merkwürdiges Gefühl, diesen Punkt von der Liste zu streichen…
Unvermittelt werden wir in einem Hauseingang geführt. Um uns keine terra-cotta rote Tristesse mehr, sondern ein gewebtes Meer aus Farben, Mustern und Stoffen.
Tee wird gereicht. Der Verkauf soll beginnen und ich hätte es besser wissen sollen.
Die Verhandlungen verlaufen zäh und enden in dem Vorwurf, dass doch wenigstens ein Gürtel gekauft werden sollte, unabhängig ob er gefällt oder genutzt wird. Für die Armen…
Die Stimmung zwischen uns und unserem Führer kühlte daraufhin merklich ab. Und nachdem auch noch ein Schmuckverkäufer unverrichteter Dinge zurückgelassen wurde, war das Maß voll.
Mit einer unwirschen Geste in zweieinhalb Himmelsrichtungen („dort ist der Platz“) und einem bestimmenden Hinweis auf das zu entrichtende Bakschisch sollten sich unsere Wege trennen.
Kontrolle ist eine Illusion.
Das Novotel Hotel & Resort liegt augenscheinlich in einem, sagen wir, “gehobenen” Teil von Marrakesh. Metall Detektoren am Eingang, gut angezogene Türsteher vor den Bars und ein Louis Vuitton Laden, dessen Angebot zwar aus Plastik aber nichts desto trotz weniger echt ist. Was auch immer das bedeutet…
Bis zu dem Tag, an dem Spas und Sky Lounges wirklich jemanden weiter bringen wird diese Nachbarschaft jedoch nur ein günstig gelegener Ausgangspunkt zu den wirklichen Attraktionen bleiben.
Hier ist es sicher, entspannt und zivil. Das die Radkappen der parkenden Autos mit Kabelbinder fixiert sind, sollte niemanden irritieren.
Selbstverständlich sind die, des Nachts erscheinenden Wagen im Gegenwert einer respektablen Eigentumswohnung denen die, mir auf ewig unbekannt bleibende Lokalprominenz entsteigt von derart rudimentären Sicherheitsmaßnahmen ausgeschlossen. Vergleichbar mit den, bis ins kleinste Detail optimierten, weiblichen Begleitungen werden sie den neidvollen Blicken des gemeinen Volkes geradezu arrogant präsentiert.
Und über die Dächer ruft der Muezzin zum abendlichen Demutsbekenntnis und unterstreicht damit eine Dualität, die der Mitteleuropäer im sicheren Hafen seiner ersten Welt wohl nie in Gänze intellektuell zu durchdringen in der Lage sein wird.
Vom Jemaa el-Fnaa, dem Platz der Gaukler, dem leuchtenden, pulsierenden Herz, welches den Dolchstoß vom 28.04.2011 stoisch eingesteckt und weiterhin das Leben durch die Adern der Stadt pumpt, beobachten wir sie.
Hunderte, ja Tausende strömen ebenso gelassen wie bestimmt zur Koutoubia, der großen Moschee, deren Turm jedes Gebäude der Medina, und vielleicht sogar von ganz Marrakesch überragt.
Doch Viele bleiben. Bekochen die Touristen, preisen ihre Waren und Dienstleistungen an. Keine absolute Einheit unter spirituellem Dogma. Freier Wille. Überzeugung statt überzeugen.
Und während die Einen im Schein der 2000 Watt Strahler auf Bastmatten niederknien, servieren die Anderen (in diesem Fall) uns eine bunte Auswahl landestypischer Speisen, wie gegrillter Aubergine, pikantem Spinat, mit Minze verfeinertem Kabab und über offenem Feuer gegrillten Lammkoteletts.
Diese, des Nachts erscheinenden Stände in der Mitte des Platzes sind der Ausgangspunkt der Marokkanischen Küche.
Der Fastenmonat Ramadan, eine der fünf heiligen Säulen des Islam hat vor wenigen Tagen begonnen und jetzt, so kurz nach Sonnenuntergang sind die Straßen nahezu leergefegt. Denn Jeder verbringt, wenn möglich, diese Stunden mit einem opulenten Mahl im Kreis der Familie.
Was wie ein temporärer Zusammenbruch der Infrastruktur klingt, stellt sich bei genauerer Betrachtung als entspannendes Durchatmen einer, sonst vor Energie sirrenden Stadt dar. Hat man sich also gefragt, ob man während des Ramadan in ein muslimisches Land, oder konkret, nach Marrakech reisen kann, dann lautet die Antwort:
Ja.
Man kann.
Man sollte sogar.
Was es zu verstehen gilt: der hier praktizierte Islam ist respekt- und rücksichtsvoll. Ist man kein Anhänger der Religion, dann sehen die Menschen hier das. Vielleicht sehen sie es einem sogar nach.
Isst man zur Tageszeit etwas, ist das okay.
Trinkt man zur Tageszeit etwas, ist das okay.
Raucht man eine Zigarette, dann ist das okay.
Vermeidet man all das aus Respekt vor der Praktik, ist das ebenso okay.
Man stelle sich jemanden vor, der das Rauchen aufgegeben hat, in einer Welt, in der Zigaretten omnipräsent sind. Er sieht und riecht die, die noch rauchen. Und bestimmt spürt er das Verlangen. Denn es wäre so einfach, der Versuchung nachzugeben.
Doch er wägt die Vorteile gegen die Nachteile ab und verbleibt in seiner Abstinenz. Aus rein persönlichen Gründen.
So funktioniert der Ramadan.
Ohne Geschrei, ohne Gezeter.
Man hat seinen Weg gewählt und geht ihn.
Und ich bin mir sicher, dass all die fastenden, betenden, Handel betreibenden, in sich ruhenden Muslims militante Nichtraucher ebenso verachten wie jeder andere auch.
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