Erhält man eine eMail des Discount-Fluganbieters Ryanair, mit der Bitte die Erlebnisse am Flughafen unter Service Gesichtspunkten zu bewerten, bekommt man einen Ausblick auf die Absurditäten, welche die Welt da draußen in Petto hat.
Das 1984 in Dublin gegründete Unternehmen steht mit absoluter Sicherheit nicht für irgendeine Form von Service, was auch immer man darunter verstehen mag.
Damals galt Fliegen noch als exklusiver Luxus, Piloten wie Flugbegleiter wurden geachtet und bewundert, der Begriff „Jet-Set“ wurde geprägt. Die Banalisierung all dessen sollte zum Erfolgsrezept der Billigflieger werden.
Jeder kann fliegen.
Jeder soll fliegen.
Man hat sich mit den Kunden auf niedrigste Preise zum Gegenwert von einem Mindestmaß an Aufwand geeinigt. Wer zum Preis eines BigMac Menu auf dem Luftweg das Land verlassen kann, hat nichts zu erwarten. Denn jedweder zusätzliche Handgriff kostet extra.
Ryanair hat seine Umsätze in den letzten sieben Jahren beinahe verdoppelt. 3,6 Millarden 2011, 6,6 Milliarden 2017. Warum also etwas verändern? Warum Interesse heucheln? Das System funktioniert.
„Als Teil des Always Getting Better Programmes, würden wir Sie bitten uns mitzuteilen, wie Ihre letzte Flughafenerfahrung war und wie sie eventuell verbessert werden kann.“
Ein Always (!) Getting Better Programm, um eventuell (!) etwas zu verbessern.
Was bereits wie der Gipfel des schwarzen Humors anmutet, soll tatsächlich noch übertrumpft werden.
„Es wird nicht mehr als 2 Minuten Ihrer wertvollen Zeit in Anspruch nehmen diese paar kurzen Fragen zu beantworten.“
Der Klick auf den, der CI des Unternehmens entsprechend kolorierten Button mit der Aufschrift „Jetzt bewerten“ öffnet eine Website, deren unumstössliche Ironie das Herz eines jeden noch so hasserfüllten Reisenden höher schlagen lassen muss.
Also keine zwei Minuten meiner wertvollen Zeit. Denn, getreu dem Habitus von Ryanair, hier muss ein wenig mehr investiert werden…
MEINE FLUGHAFENERFAHRUNG
Der Flughafen von Porto ist schön.
Hat man den angenehm unaufgeregten Security Check passiert, flaniert man entspannt durch einen großräumigen und gut sortierten Duty Free Shop seinem Gate entgegen.
Das Areal ist klimatisiert, sonnendurchflutet und modern. Klassische Musik erklingt und verleiht der Umgebung eine cineastische Atmosphäre, die den Reisenden wirklich für einen Moment in die Tage des Jet-Sets zurückversetzt.
Man feuchtet die Kehle mit einem Wasser an.
Nicht aus einer, von der Sonne verbeulten, hineingeschmuggelten Plastikflasche, welche man heimlichtuerisch in der Toilette aufgefüllt hat.
Ganz zivilisiert stehen Wasserspender bereit. Raumtemperatur oder gekühlt? Dieses Angebot ist gratis und verdeutlicht, dass es den Betreibern des Flughafens wichtig zu sein scheint, dass die Besucher sich wohl fühlen.
Pianist und Violinist legen eine Pause ein. Verbeugen sich vor dem Publikum.
Man streift vorbei an einer Vielzahl von Restaurants und Cafés, wird noch ein letztes Mal in Versuchung geführt, die landestypischer Delikatessen kosten zu dürfen.
Begleitet vom Duft frischer Natta driftet man berauscht von der, einen umgebenden Ästhetik und Freundlichkeit seinem Gate entgegen.
Für einen Moment konnte man vergessen.
Vergessen was nun folgen wird.
Die Rolltreppe führt abwärts.
Denn man fliegt mit Ryan Air.
Hier unten gelangt weniger Licht durch die Fenster. Keine Musik. Auch kein Wasser. Vereinzelt ziehen verunsicherte Passagiere umher. Stehen, hocken, sitzen auf dem Boden. Denn ganz gleich mit welcher mathematischen Finesse man versucht, es sich schön zu rechnen, die 12 Sitzmöglichkeiten am Gate 15 werden einem ausgebuchten Flieger nicht gerecht.
Mangels Alternativen bildet sich behäbig eine Schlange.
Boarding beginnt 16.15.
Laut Voucher.
Es ist 16.15.
Laut Armbanduhr.
Nichts passiert.
Beharrlich darauf bedacht, keinen direkten Blickkontakt herzustellen, starren die beiden Mitarbeiter von Ryan Air stoisch auf ihre Bildschirme.
Noch 30 Minuten bis zum Abflug.
Laut Voucher.
Nach 30 Minuten…
Niemand hat sich bewegt, doch allmählich keimt Unsicherheit auf. Die Herde wird unruhig. Sehnt eine Durchsage herbei. Das Flugzeug verspätet sich, fällt aus, ist brennend vom Himmel ins Meer gestürzt.
Irgendwas.
Eine Erkenntnis.
Ein wenig Gewissheit.
Aber nichts.
Kommunikation kostet sicherlich extra.
Dann, wie auf ein unsichtbares Zeichen, öffnet das Gate. Das Boarding beginnt und führt die erleichterte Menge ca. 15 Meter weiter vor eine verschlossene Tür.
Es ist jetzt 17.00 Uhr und wir haben Boden gut gemacht. Aber der Weg nach Deutschland ist noch weit.
17.15
Wir stehen in einem Gatter neben dem Rollfeld.
Wir stehen.
Sehen ein Flugzeug.
Vielleicht unser Flugzeug?
Wer kann das wissen?
Nun, irgendjemand irgendwo ganz sicher.
Aber dieses Wissen ist nicht für uns bestimmt.
Wir stehen im Gatter.
Noch für einige Zeit.
Mit uns macht man’s wie mit Pilzen.
Mit Scheisse füttern und im Dunkeln halten.
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